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Dezember 2007 - Unsicherheit
für die höhere Berufsbildung
   



Neues Finanzierungsmodell gefährdet Kontinuität

Die höhere Berufsbildung ist in unserem Land als Anschluss an die Berufslehre konzipiert. Sie wird vor allem von den Berufsverbänden organisiert und von ihnen und dem Bund finanziell unterstützt. Damit wird eine gewisse Kontinuität sichergestellt. – Das neue Berufsbildungsgesetz sieht nun eine Umverteilung der entsprechenden Kompetenzen und Verantwortungen auf die Kantone vor. Im Übergang zur neuen Ordnung treten Unklarheiten und Unsicherheiten auf. Sie schwächen die höhere Berufsbildung und damit eine wichtige wirtschaftliche Ressource; denn das Heranbilden von Kadern ist für Wirtschaft und Gesellschaft von vitaler Bedeutung.

Bund soll einen Viertel tragen
Das neue Berufsbildungsgesetz nBBG wurde in der Wintersession 2002 von den Eidg. Räten verabschiedet und ist seit Anfang 2004 in Kraft. Es sieht u. a. Änderungen bei der der höheren beruflichen Bildung vor. Die finanzielle Benachteiligung der beruflichen gegenüber der akademischen Bildung soll durch eine Erhöhung der Mittel korrigiert werden. Der Bund muss nach diesem Gesetz neu 25 % Prozent der Kosten für die gesamte Berufsbildung tragen, derzeit liegt man bei rund 18 %. Das tönt beim ersten Hinhören gut. Nur, die beschlossenen Verbesserungen für die berufliche Weiterbildung werden durch die neue Einbindung der Bereiche Gesundheit, Soziales, Kultur und Landwirtschaft wieder kompensiert. Die höhere Berufsbildung sieht sich deshalb weiterhin mit einer engen Finanzsituation konfrontiert, die Spielräume sind auch künftig begrenzt. Deshalb besteht kein Platz für Unsicherheiten und Verzögerungen, welche sich beim Übergang zum vorgesehenen Finanzierungsmodell abzeichnen.

Bisher von den Verbänden vorfinanziert
Im Rahmen des alten Berufsbildungsgesetzes haben der Bund (Bundesamt für Berufsbildung und Technologie / BBT) und die Kantone die Höhere Berufsbildung zu respektablen Teilen finanziert. Die Organisationen der Arbeitswelt OdA (Verbände), die Fachschulen und Kursorte bekamen die staatlichen Unterstützungsleistungen – wenngleich mit Verzögerung bis zu drei Jahren – verbindlich zugesprochen. Diese Nachtragssubventionierung stützte sich zwar auf einen komplizierten Verteilschlüssel und verlangte eine Vorfinanzierung durch die OdA. Jedoch waren die Beiträge verbindlich und planbar.

Die Kantone sind in der Pflicht
Das nBBG soll nun die OdA und ihre Bildungsinstitutionen von der Pflicht zur Vorfinanzierung entlasten. Das ist durchaus positiv zu werten. Um eine individuelle und rasche Auszahlung der staatlichen Subventionen an die Institutionen zu ermöglichen, werden die Bundesbeiträge den Kantonen pauschal zur Verfügung gestellt. Diese wiederum sprechen ihre Zahlungen den OdA und ihren Schulungseinrichtungen im Sinne einer Gegenwartsunterstützung halbjährlich zu. Das nBBG setzt den Systemwechsel mit einer Übergangsfrist von vier Jahren auf den 1. Januar 2008 in Kraft.

Die Kriterien zur Zuteilung der Fördermittel sind allerdings noch nicht definiert, der entsprechende interkantonale „Masterplan Höhere Berufsbildung“ soll bis 2010 stehen. Zwischenzeitlich wird die Abgeltung nach der Fachschulvereinbarung geregelt. Dabei zeichnet sich schon heute ab, dass kantonale Interessen einer landesweit angeglichenen Finanzierung vorangestellt werden. Davon betroffen sind namentlich Bildungsinstitutionen mit überkantonaler oder landesweiter Ausstrahlung. Im konkreten Fall hiesse das, dass ausserkantonale Weiterbildungsinteressenten mit markant höheren Gebühren belastet würden, nur weil zwischen Anbieter- und Wohnkanton keine Regelung besteht. Gegen solche Tendenzen wendet sich die Forderung des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV) nach voller Freizügigkeit bei der Wahl des Bildungsinstituts. Sie will die Auswahl von unterschiedlichen Ausbildungsvarianten möglich machen. Modularisierte Ausbildungsgänge, wie sie heute üblich sind und den Vorteil der geografischen Flexibilität beinhalten, sind auf den unbeschränkten Zugang zu landesweit einheitlichen Bedingungen angewiesen. Das bedingt allerdings klare Absprachen und Regelungen. Grundlage für diese Forderung bildet Art. 1 des nBBG, wonach die Berufsbildung eine Verbundaufgabe aller Beteiligten ist und deshalb gemeinsame, tragfähige Lösungen entwickelt werden sollen. .

 
 
 

 

Übergangsregelung dringend notwendig
Eine weitere Fussangel bei der Umsetzung des nBBG liegt im zeitlichen Übergang zwischen der bisherigen Nachtragsfinanzierung zur Gegenwartsfinanzierung über die Kantone. Die zeitliche Verzögerung der Bundeszahlungen an die Kantone verlangt von diesen – zumindest für den Zeitraum 2007/2008 – eine Bevorschussung für ein Jahr. Abgesehen von bilateralen Notlösungen zwischen einzelnen OdA, Schulinstitutionen und Kantonen ist noch keine einheitliche Regelung erkennbar. Beispiel für eine unbefriedigende Lösung ist die kantonale Bevorschussung der Bundesbeiträge von 60 %, die durch den Kanton Luzern an das Ausbildungszentrum des Baumeisterverbandes SBV in Sursee geleistet wird. Dadurch fehlen den Baumeistern nach wie vor 40 % des budgetierten Bundesbeitrags. In anderen Branchen ist die Situation vergleichbar, eine Deckung des Fehlbetrags ist nicht ersichtlich. Schwerer noch als das konkrete Defizit im Einzelfall wiegt jedoch die momentane, allgemeine Unsicherheit und Unklarheit, die sich durch die Föderalisierung der Bildungsbeiträge ergibt.

Der Bund in der Gesamtverantwortung
Die Umsetzung des nBBG obliegt dem Bund. Die Kantone haben sich grösstenteils noch nicht auf das neue Finanzierungssystem eingestellt. Deshalb droht der höheren Berufsbildung eine markante Finanzierungslücke. Eine von Nationalrat Werner Messmer eingereichte und von mir mit unterzeichnete Interpellation macht den Bundesrat auf seine Verantwortung aufmerksam.

Die Interpellanten fragen nach geeigneten Lösungsvorschlägen zur Sicherstellung eines kontinuierlichen Finanzflusses. Sie kritisieren die Finanzierungslücke, welche auf Grund von Rechtsunsicherheiten entstanden ist und fordern die Gleichbehandlung kantonaler und interkantonaler Bildungsangebote. Im Weiteren wären Zweifel bei den Bildungswilligen zu erwarten. Denn unklare, möglicherweise sogar unfaire Verhältnisse sind der Motivation zur Weiterbildung nicht förderlich. Darüber hinaus könnten undurchschaubare und uneinheitliche Finanzbedingungen einen Teil der Bildungswilligen von ihrer beruflichen Entwicklung sogar ausschliessen. Die Folgen wären im Einzelfall ebenso fatal wie für unsere Wirtschaft schädlich. Denn gut ausgebildete Berufskader sind eine der wenigen Ressourcen unseres Landes. Wir sollten sie nicht durch unklare Regelungen blockieren. Die kontinuierliche Finanzierung der beruflichen Weiterbildung ist für das Gewerbe nach wie vor von elementarer Wichtigkeit. Unser Land kann sich hier keine Aussetzer leisten.


Ruedi Lustenberger, Nationalrat (CVP / LU) Präsident des Verbandes Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten VSSM

Vollständiger Text mit Statistiken als pdf

 
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